Geschichte

Ein besonderer Bestandteil des historischen Besitzes der Stadt Joachimsthal ist ein Denkmal, welches die Bibliothek der städtischen Lateinischen Schule von Joachimsthal vorstellt. Ein Denkmal aus der ältesten und dynamischsten Zeit der Stadtentwicklung, beendet durch den 30jähriger Krieg.

Die Entdeckung von silbertragenden Adern im tiefen, langgestreckten Tal auf den südlichen Hängen des Erzgebirges und deren Eröffnung im Jahr 1516 gaben einen Anstoß zur umfangreichen Bergbauaktivität. In einem gewissen "Silberfieber" siedelten sich hier in anzahlmäßig starken Wellen Bergleute mit deren Familien, welche eine ungewöhnliche ökonomische Entwicklung anzog, an. Die neue schnell wachsende Siedlung von Joachimsthal wurde schon am 6.Januar 1520 zu einer freien Bergstadt erhoben, welche vom ehemaligen Besitz der Familie Schlick im Jahr 1547 in die direkte Verwaltung des böhmischen Königs überging.

Das anfänglich starke Wirtschaftsaufblühen der Stadt und deren vorteilhafte Populationsentwicklung regten zugleich ein reiches kulturelles und geistiges Leben, welches immer mehr von der lutherischen Reformation,  welche in das katholische Gebiet der Region um Elbogen im Böhmischen Königreich durchdrängte, an. Schon seit der Ansiedlung waren sich die Bewohner von Joachimsthal der Bedeutung einer systematischen Bildung der Jugend bewusst. Deswegen gründeten sie eine Schule, mit deren Leitung sie einen Verwalter, erwähnt schon ab dem Jahr 1516, beauftragten. Auf diesem Posten wechselten sich mehrere hochschulstudierte Personen ab, welche schrittweise das triviale Anfangsprogramm der Schule mit Leseunterricht, Schreiben und Rechnen um die Fachrichtungen aus der Fachrichtung der Religion, Musik und Sprachunterricht, vor allem Latein, erweiterten. Die Stadtschule bekam somit die Art einer höheren Stufe, einer bestimmten Mittelschule, die in dieser Region von Böhmen, neben zwei weiteren Schulen in Eger und Schlackenwert, den Schülern zur Vorbereitung fürs Studium an den Universitäten diente und allgemein mit dem Begriff "lateinisch" bezeichnet wurde.

Zur größten Entwicklung brachte die Schule der humanistisch gebildete Johannes Mathesius (1504-1565), der sie als Rektor in den Jahren 1532 bis 1540 führte. Unter seinem Direktorat in der Zeit des höchsten Aufschwunges der Stadt wurde nicht nur der Lehrplan der Schule abgerundet, sondern auch im Rahmen deren baulichen und materiellen Absicherung die Bibliothek errichtet. Zu diesem Zweck gewährte der Bürgermeister Stefan Hacker im Jahr 1540 50 Taler. Eine große Aufmerksamkeit widmete Mathesius dem Buchinstitut auch danach, als er nach einem weiteren Studium an der Universität in Wittenberg und der Weihe von Martin Luther, nach Joachimsthal zurückkehrte. Er wirkte hier seit dem Jahr 1542 erst als lutherischer Prediger und seit dem Jahr 1545 bis zu seinem Tod als Pfarrer. Vor allem durch seine Bemühungen vergrößerte sich der Fonds der Bibliothek vor allem in den Jahren 1544 bis 1565. Am Zuwachs beteiligten sich vor allem die Buchschenkungen und Geldspenden für deren Kauf, welche vor allem von den Bürgern aus Joachimsthal stammten, es beteiligten sich aber daran auch weitere Spender aus anderen Schichten und Orten. Danach verlangsamte sich im Zusammenhang mit dem sinkenden Gewinn der Silbergruben in Joachimsthal und der damit verbundenen ökonomischen Regression der Stadt, das Anwachsen des Bibliothekfonds, bis dass es sich in den letzten Jahrzehnten der Existenz der Schule nur um ein paar Zuwächse handelte. 

Der Untergang der Lateinischen Schule, die nach den Prinzipien der religiösen Reformation und des Humanismus gegründet worden war und die Schließung deren Bibliothek hängt mit harten Maßnahmen in Tschechien durchgeführt von den Habsburgern während der Rekatholisierung des Landes nach dem Sieg gegen den tschechischen Standesaufstand in den 20er Jahren des 17. Jahrhunderts zusammen. Nach Befehl des Hauptmanns vom örtlichen Bergamt am 21.Juli 1625 wurden die Schüler entlassen und die Schule geschlossen. Zu einem kurzen Wiederbeleben der Schule kam es am Anfang der 30er Jahre des 17. Jahrhunderts, als die vorher verbannten Luthergeistigen und Lehrer zurückkommen konnten nach dem Einfall der Sachsen nach Böhmen. Mit der Abschiebung der sächsischen Soldaten aus dem Land war aber definitiv die Hoffnung auf irgendeinen Wiederaufbau der Schule gelöscht worden.

Die Bücher von der Lateinischen Schule wurden nicht aufgrund deren lutherischen Inhalte, welche nicht akzeptabel waren, zerstört, sondern blieben im Besitz der Stadt, wo sie die Kriegsplünderungen und Brände ohne großen Schaden überlebten. Obwohl über die Schicksale des Buchfonds die Quellen schweigen, bestimmtes Bewusstsein über die Existenz, die Herkunft und den Inhalt, wie die Beschreibung, publiziert im Jahr 1847, belegt, ist in Joachimsthal geblieben.

Für die kulturhistorische Forschung und Veröffentlichung des Fonds der Lateinischen Schule hat Karl Siegl, später der Stadtarchivar in Eger, ihn im Jahr 1871 in einem ungepflegten Zustand auf dem Dachboden des Rathauses in Joachimsthal gefunden. Danach hat er die Bücher gepflegt, zusammengefasst und in einen Schrank im Rathaus einräumen lassen. Die Bücher haben auch glücklicherweise den Brand des Rathauses Ende März 1873 überstanden. Die Ergebnisse von Siegles Arbeit benutzte der örtliche Bürgermeister, Josef Florian Voigl, der in den Jahren 1871 und 1872 als Erster in der Fachliteratur seine Beiträge zur Lateinischen Schule in Joachimsthal und derer Bibliothek, publizierte. Wissenschaftlich hat sich mit der Bibliothek im Rahmen der Mathesiusstudien im Jahr 1892 Georg Loesche beschäftigt und die bibliographische Analyse und Katalog wurde im Jahr 1929 vom Stadtarchivar aus Joachimsthal Heribert Sturm bearbeitet.

In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde die Bibliothek in das Buchmuseum in Žďár nad Sázavou, welches sie in einer stilisierten Exposition ausgestellt hat, verliehen. Für die Rückkehr der Bibliothek in ihren Ursprungsort hat sich im Jahr 1968 das Stadtmuseum von Jáchymov, welches in der ehemaligen Präge war, eingesetzt. In den 70er Jahren hat die Fachverwaltung der Bibliothek das Karlsbader Museum übernommen und führt sie bis heute weiter durch.

In den Jahren 1976 bis 1980 wurden die Bücher zu Kosten des damaligen Nationalausschusses von Jáchymov restauriert.

Studien, die sich nach dem Jahr 1945 mit der Bibliothek beschäftigten, gingen aus den Ergebnissen, die in Arbeiten von deutschen Forschern publiziert waren, aus. Erst in den 80er Jahren wurde das Interesse für diese Bibliothek wiederbelebt, wie auf der tschechischen, so auch der deutschen Seite und dies brachte neue Ergebnisse empor.

Der erhaltene Fond der Bibliothek der Lateinischen Schule von Joachimsthal ist schon alleine durch seine Größe ehrwürdig. Er besteht aus 5 Handschriften und 227 Bändern mit 353 gedruckten Teilen. Den Unterschied zwischen der Bücheranzahl und den einzelnen Drucken verursacht eine Reihe von Konvoluten, in denen mehrere Bänder zusammengebunden sind. Unter den Handschriften sind u.a. das älteste Buch der Sammlung, ein Pergamentkodex mit hebräischem Text des Alten Testaments, entstanden spätestens bis zum 12. Jahrhundert und zwei Bänder Musikalienhandlungen, genannt Cantina sacra von Nikolaus Hermann.

Die Drucke stammen aus den Jahren 1475 bis 1629. 52 Inkunabeln, die bis 1500 gedruckt worden sind, aus dem 16. Jhdt. sind es 291 Drucke und aus dem 17.Jhdt nur 7. Sie sind in Druckwerkstätten in 35 Städten in West-, Süd- und Mitteleuropa entstanden. Davon wurden die meisten in Basel (103), Venedig (37), Leipzig (29), Köln (23) und Paris (21) gedruckt. Es ist kein Buch aus böhmischen Druckerwerkstätten vertreten. Die Bücher sind meistens in damaligen festen Ganzlederbindungen verfasst, teils mit Metallteilen zur Verstärkung ausgerüstet und mit einer reichen Blindprägung versehen, Aufschriftsupralibros mit Namen der Werke, Spendernamen und Besitzdaten versehen. Ein wesentlicher Teil von Buchbindungen, genannt "libri catenati" ist mit Ketten gegen einen Diebstahl versehen. Manche Drucke sind wunderschön mit Illustrationen oder Kartenbeilagen ausgestattet.

Auf der inhaltlichen Ebene kann man die Bücher in drei Kategorien einordnen: theologische, humanistische und praktische Gebiete. Unter den theologischen befinden sich mehrere Ausgaben der Bibel und deren Bestandteile und von der anderen Literatur handelt es sich vor allem um Werke der religiösen Reformation. Am humanistischen Teil sind am meisten die Werke von antiken Klassikern, Drucke aus dem Bereich der Philologie und Jura vertreten. Aus den praktischen Gebieten sind Werke aus der Naturwissenschaft, Mathematik, Geographie, Bergbau, Medizin und Landwirtschaft vertreten. Für die Geschichte von Jáchymov sind besonders die Werke von mit der Stadt eng verbundenen Persönlichkeiten, besonders dem Arzt und Montanist Georgia Agricola (1494-1555), dem Geistigen, Lehrer und humanistischen Literat Johann Mathesius (1504-1565) und dem Lehrer und Musikant Nikolaus Hermann (1486-1561) von grundsätzlicher Bedeutung.

Die inhaltliche Ausstattung der Bibliothek beweist, dass sie in erster Reihe der Aufgabenstellung der Schule zum Unterricht von entsprechenden Fächern und Teilen des Lehrplans, diente. Diesen Rahmen sprengt aber die Juraliteratur und Werke aus praktischen Disziplinen, welche beweisen, dass die Bibliothek einem breiteren Kreis von Bürgern, vor allem Beamten, Ärzten und weiteren in der Öffentlichkeit arbeitenden Personen zugänglich war.

Da kein altes Inventar der Bibliothek bekannt ist, kann man nur aufgrund von Signaturen auf den Bändern ihren ehemaligen Bestand rekonstruieren. Es ist wahrscheinlich, dass die Bibliothek vor ihrer Schließung um die 320 Bänder hatte, von welchen sich 232 bis heute erhalten haben, also ein knappes Dreiviertel des ehemaligen Bestands.

Der Stadt Jáchymov ist es gelungen im Besitz durch die lange Zeit der Jahrhunderte, trotz Vernichtens und anderer Katastrophen einen wesentlichen Teil des Fonds der Bibliothek der Lateinischen Schule, welche in einem breiten Kontext einen einzigartigen und unglaublich kostbaren kulturhistorischen Wert darstellt, zu erhalten. Unter den Bibliotheken ,deren Art, nicht nur in böhmischen Ländern der Zeit nach dem Weißen Berg, sondern auch in einem breiten Territorium der Zeit, eine absolut bewundernswert erhaltene physische Gesamtheit der Renaissancestadtschule eines höheren, Reformationstyps, welcher über sich selber spricht und nicht nur durch kleine verteilte Teile oder in Zeugnissen von anderen historischen Quellen vorhanden ist, darstellt. Die geschlossene Einheit der Bibliothek beweist vor allem die Spezifika deren Entstehung und die Funktion im Rahmen des sich dynamisch wechselnden Zustandes der Stadt, deren Sozial- und Kulturleben eng verbunden mit der Lutherreligion war. Dies wurde von der Gegenreformationsbewegung verdrückt worden, dessen Opfer auch ihr Geburtsort, das Schulinstitut, war. Die erhaltene Bibliothek ist auch ein authentischer und reicher Beweis von lang vergangener Zeit, die zwar zeitlich vorbei ist, aber ihr Kulturabdruck nicht erloschen ist.

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